Und wieder ein Röhrenverstärker
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richi44
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#1
28.01.2010, 14:22

Wenns kalt ist

Ist doch basteln das Schönste und erst recht mit Röhren!

Hier eine Endstufe der etwas kräftigeren Klasse. Und etwa so könnte sie aussehen (oder auch schöner!)
   

Aufbauen würde ich sie auf einem Chassis der Dimensionen 430mm x etwa 250mm x etwa 60mm
Und etwa so könnte die Verdrahtung ausgeführt sein:
   
Hier bildet eine doppelte Lötleiste die Grundlage. Der Vorteil dieser Konstruktionsart ist, dass allfällige Änderungen relativ leicht zu bewerkstelligen sind. Und es ist eine Tatsache, dass bei Endröhren die Sockel recht heiss werden können, sodass die Qualität der Lötstellen im Lauf der Zeit leidet. Wenn man aber Drähte durch die Lötösen zieht und dies mehrfach, so kann sich selbst bei einer gealterten Lötstelle die Kontaktgabe kaum verringern.
Die Alternative wäre ein Print in dieser Art:
   
Hier erst mal das Schaltbild:
   
Es ist ersichtlich, dass total 6 KT66 auf einen Ausgangstrafo arbeiten, also 3 Paare parallel betrieben werden. Eine Gegentaktendstufe mit KT66 bringt es im Maximum auf 50W, also können wir hier von maximal 150W ausgehen. Berechnet ist die Schaltung eigentlich auf 120W, weil wir damit noch genügend Sicherheitsabstand zum Clippen haben.
Im Allgemeinen geht man davon aus, dass Röhrenverstärker nicht clippen. Dies ist so lange richtig als wir mit einer geringen Gegenkopplung arbeiten. Allerdings erkaufen wir uns das mit höherem generellem Klirr und mit einem sehr schlechten Dämpfungsfaktor. Je höher die Verstärkung, desto mehr Gegenkopplung ist möglich und desto weniger klingt der Verstärker nach Röhre, sondern klingt nicht und verstärkt nur, ohne irgendwelche Einflussnahme. Und hier haben wir zwei Stufen der 6SL7 als Verstärker geschaltet, welche zusammen eine Verstärkung von 2100 ergeben. Die beiden Stufen der 6SN7 ergeben je eine Verstärkung von 7,6.
Nun ist die Schaltung auf eine Eingangsspannung von 0,5V effektiv berechnet (entspricht 1,41V Spitze – Spitze), die Endröhren brauchen eine SS-Spannung von 80V. Rechnen wir zurück von 80VSS durch 2x7,6 (durch die Phasenkehrfunktion), durch 2100, so bekämen wir eine minimale Eingangsspannung von 2,5mVSS, wir haben aber 1414mVSS und damit eine um Faktor 564,286 zu hohe Verstärkung, das sind immerhin rund 55dB. Also wird die Gegenkopplung diesen Wert annehmen. Und damit wird ein Klirr um eben diesen Faktor reduziert. Gehen wir von einem Klirr von etwa 7% bei den maximalen 150W aus, so wird dieser mit Gegenkopplung und 120W bei etwa 0,0125% zu liegen kommen, was einem anständigen Transistorverstärker entspricht und garantiert unhörbar bleibt.

Das Problem dabei ist, dass wir durch die unverhältnismässig hohe Verstärkung mit einer erhöhten Schwingneigung rechnen müssen. Es ist also erstens nötig, bei der Verdrahtung gewisse Grundregeln zu beachten. So dürfen die Gitterleitungen der beiden 6SL7-Systeme nicht in der Nähe der Endröhrenleitungen verlaufen und sie sind abzuschirmen. Ebenso ist zwischen 6SL7 und KT66 wie im ersten Bild ersichtlich ein Abschirmblech anzubringen, welche eine kapazitive Kopplung der Anoden verhindert. Und es ist trotz aller Vorsichtsmassnahmen (Vorstufe und Endröhren auf getrennte Lötleisten verdrahtet) nicht 100% auszuschliessen, dass es zum Schwingen kommt, sodass allenfalls mit Kondensatoren diese Schwingneigung bekämpft werden muss.

Ein weiterer kritischer Punkt ist die Symmetrierung des Treibersignals, also der Tonspannungen an der 6SN7. Hier ist zwischen den beiden Anoden ein Trimmregler mit Vorwiderständen montiert. Bei voll symmetrischem Signal ergibt sich eine virtuelle Masse an seinem Schleifer und damit ist das Gitter des zweiten Systems quasi geerdet. Ist das Signal aber nicht symmetrisch, so bildet sich zwischen Anode und Gitter des zweiten Systems eine Gegenkopplung bezw. das „fehlende“ Signal wird von der ersten Anode her eingekoppelt und verstärkt. Haben wir hier nun hohe Verdrahtungskapazitäten, so kann es zusammen mit den Widerständen zu Phasendrehungen und ebenfalls zu Schwingneigung kommen.

Diese Schaltung wird also im Idealfall einen Röhrenverstärker generieren, welcher nahe am möglichen Maximum angesiedelt ist, der aber bei unüberlegter Verdrahtung eine längere Baustelle sein kann.
Daher hier gleich eine zweite Variante. Hierbei haben wir im Eingangsbereich nur eine verstärkende Stufe der 6SL7, das zweite System ist eine Katodyn-Stufe, also eine nicht verstärkende Schaltung zur Phasendrehung. Da nun die 6SN7 symmetrisch angesteuert wird, kommt diese auf maximale Verstärkung von 15,2 pro System. Die Gesammtverstärkungsreserve sinkt damit von 55dB auf etwa 29,5dB und damit nimmt die Gegenkopplung ab, was die Schaltung deutlich stabiler werden lässt. Andererseits steigt damit der Klirr auf etwa 0,23%, was aber für ein Röhrengerät immer noch ein Spitzenwert ist. Und es ist nicht ganz auszuschliessen, dass damit der Röhrensound möglich wird. Hier das „stabilere“ Schaltbild:
   
Zur möglichen Verdrahtung ist zu sagen, dass es Grundsätze gibt. Wie bereits erwähnt sollten die Endröhren möglichst mit einer eigenen Lötleiste ausgestattet werden. Und das erste Gebot sind kurze Verbindungen, die möglichst wenig parallel verlaufen. Und es gibt Bauteile, die unbedingt direkt an den Röhresockel angelötet werden müssen. Dies sind bei den Endröhren die Widerstände 10k an den Steuergittern und die 150 Ohm Schirmgitterwiderstände. Beide erhöhen die Stabilität, aber nur, wenn sie wirklich direkt an den Sockeln angelötet sind. Das Selbe gilt für die 10k Gitterwiderstände der 6SN7 und für die Widerstände 10k am Gitter und 2,55k an der Katode des zweiten Systems der 6SL7. Dies gilt natürlich bei beiden Schaltungsvarianten gleichermassen.

Weiter hört man gerade bei Röhrenverstärkern oft von der Sternpunkt-Erdung. Dies hat seine Berechtigung, um Brummschleifen zu verhindern. Allerdings birgt so etwas auch Gefahren. Eine Röhre wie die 6SN7 ist durchaus imstande, im UKW-Bereich, also bei 100MHz zu schwingen. Und bei diesen Frequenzen ist ein langer Massedraht keine Masseverbindung, sondern eine Spule. Damit baut man sich Schwingkreise und alle möglichen Verkopplungen, an die man beim Bau nicht denkt und die schwierig zu erfassen sind. Aus dieser Sicht ist eine kurze Erdung auf das Chassisblech wesentlich effektiver. Es ist bekannt, dass HF-Geräte nicht sternförmig an einem Punkt geerdet werden können, sondern grossflächig. Durch die grosse leitende Fläche bilden sich unterschiedlich lange Leitungen mit folglich unterschiedlich langen Signallaufzeiten, die eine Schwingung wirkungsvoll unterdrücken. Wenn man daher für jede Röhre oder Röhrengruppe (je zwei Endröhren zu einer Gruppe zusammengefasst) einen eigenen Erdpunkt am Chassis wählt, und diese Erdpunkte erstens nicht zu weit auseinander liegen und zweitens zur Masse der Röhrenheizung ein genügender Abstand besteht und diese Massung nicht im Bereich der Vorröhre angeschlossen wird, sondern bei den Endröhrenkatoden, so ist eine Brummeinstreuung nicht zu erwarten.
Und dies alles spricht eigentlich gegen einen Print, weil da ein allfälliges Umlegen eines Verbindungsdrahtes nachträglich nicht möglich ist.

Betrachten wir also nochmals das Foto der Verdrahtung per Lötleiste, so ist diese gezeigte Variante nicht ideal, weil die Zuleitungen gebündelt erfolgen und die Schwingschutzwiderstände nicht an den Sockeln montiert sind. Da es sich dort um ein Industriegerät handel ist davon auszugehen, dass es funktioniert hat. Nicht bekannt ist die Röhrenbestückung und die Schaltung des Gerätes, denn da können einerseits Schwingschutzkondensatoren verbaut sein (es reicht aus, Gitter- und Anodenzuleitungen einer Röhre parallel zu verlegen, um so eine Kapazität zu bekommen!), andererseits aber auch Röhren mit geringer Verstärkung und Steilheit.

Und noch ein Vorteil der Verdrahtung mit Lötleisten: Wenn man die etwas heikle Schaltung nicht in den Griff bekommt, kann immer noch kurzerhand auf die stabilere Schaltung geändert werden, indem einige Bauteile getauscht und Verbindungt umgelegt werden.

Allen Varianten gemeinsam bleibt das Netzteil:
   
Dieses ist aus vier „Hochvolt-„Netzteilen aufgebaut und zwei Heizkreisen. Der oberste Hochvoltteil liefert aus den 184V Wechsel- 260V Gleichspannung, gesiebt mit rund 1400 Mikrofarad. Darunter befindet sich ein zweites, identisches Netzteil. Diese zwei Gruppen liegen in Serie, wobei die zweite mit dem Minuspunkt an Masse liegt (separat zum Chassis geführt, nahe der Endstufenkatoden). Das Plus der ersten liefert die 520V für den Ausgangstrafo und über einen Siebwiderstand auch die Speisung der 6SN7 und über einen weiteren Siebwiderstand jene der 6SL7. Die entsprechenden Siebelkos sind jeweils mit ihrer Masse (und auch physisch) bei den entsprechenden Röhren aufzubauen und anzuschliessen.

Die dritte Speisungsgruppe liefert ebenfalls 260V, wobei hier das Plus mit der Masse verbunden ist. Hier wäre es denkbar, diese Masse nicht mit jener der Anodenspannung zu verbinden, sondern sie mit einer separaten Leitung an den Endröhrenkatoden-Massepunkt zu führen. Diese negative Speisung liefert einerseits die Gittervorspannung der Endröhren, andererseits auch die Katodenspannung der Konstantstromquelle der 6SN7 (also die Speisung der 6V6).

Letztlich haben wir noch eine Spannung, mit einer Wechselspannung von 115V. Dies ergibt rund 163V Gleichspannung. Diese Einheit ist mit ihrem Minus auf die 260V der unteren Hochspannungseinheit „aufgepfropft“ und damit stehen 423V zur Verfügung.

Es ist ersichtlich, dass die Minusspannung als auch diese 163V je über eine Drosselspule geführt werden. Damit wird in erster Linie eine bessere Siebung realisiert, andererseits aber wird durch den Drahtwiderstand der Drosseln die Spannung auf rund –250V und +400V abgesenkt.

Letztlich gibt es zwei Heizkreise, einer mit 10A Nennstrom (für alle Röhren ausser der 6V6), welcher mit seinem Mittelabgriff an Masse zu legen ist, wiederum im Bereich der Endröhren-Katode (eventuell mit einem separaten Draht oder auch schon an der Masse des ersten Elkos der obersten Hochspannungsgruppe) und ein zweiter Kreis, dessen Mittelabgriff an der Minusspeisung direkt im Netzteil angeschlossen wird. Damit liegen Heizung und Katode der 6V6 auf etwa gleichem Potential.

Als Gleichrichter sind 1N4007 und SKN20/1200 vorgesehen. Es ist aber auch denkbar, Brückengleichrichter für 300V und mindestens 6A zu verbauen. Allenfalls sind diese auf das Chassis zu schrauben.
Je nach Ausführung der Elkos (Snap-In?) sind diese auf einem Print (allenfalls Laborkarte) anzubringen oder auch mit Montageschellen direkt auf dem Chassis.

Am Netzteil wäre noch eine Primärsicherung von 2AT einzufügen, sowie ein Netzschalter.
Und da es sich ja um eine Mono-Endstufe handelt, sind für Stereo zwei solche Dinger nötig. Und da sie über Lautstärkesteller verfügen ist es sinnvoll, etwas mit Rasterung zu wählen (sofern sowas noch zu bekommen ist).

Noch etwas zu den Bezeichnungen im Schaltbild: Bei den Elkos ist die Kapazität und die nötige Spannungsfestigkeit angegeben. Übrige Kondesatoren, die von einer Röhrenanode weg gehen müssen eine Spannungsfestigkeit von mindestens 630V haben, übrige Kondensatoren mindestens 250V. Widerstände ohne Markierungen sind für eine Belastung von minestens 0,5W berechnet, Widerstände mit einem Strich sind mindestens 1W belastbar, Widerstände mit einem V müssen 5W vertragen.

Der Ausgangstrafo wird vorteilhafterweise von Ritter (http://www.roehrenendstufen.de/ ) unter der Bezeichnung (Ausgangsübertrager, selber konfigurieren, 150W, Studio, PP, Ultralinear keine, prim.Imp 1,667k, sek.Imp 4 + 8 Ohm, fertig) RTP150.1.667/4/8SQ bezogen, für den Netztrafo wären Anfragen an Ritter denkbar, ebenso für die Drosselspulen. Röhrensockel für die Endröhren auf jeden Fall Keramik (Erwärmung).

Und noch eine Idee zum mechanischen Aufbau. Gut sieht so ein Gerät aus, wenn man die Röhren sieht. Und die Trafos lassen sich eh nicht verstecken. Und ein verchromtes Chassis mit möglichst wenig Schrauben macht sich immer gut, ob die Seiten nun aus Holz oder aus Metall sind.
Ich sehe generell folgende Möglichkeit: ein U-Chassis aus Stahlblech, das entsprechend bearbeitet und anschliessend verchromt wird. In dieses Chassis sind rückseitig Öffnungen für die Cinchbuche und die Lautsprecherbuchsen einzuarbeiten und die Netzbuchse muss eingebaut werden, ebenso die Sicherung und ein Netzschalter.

Auf der Front ist eine Öffnung für die Poti-Achse anzubringen und zwar so gross, dass die Achse auch schräg durchgeht, aber so klein, dass sie sicher vom geplanten Knopf verdeckt wird.

Oben werden die Trafos liegend montiert, sodass sicher keine Anschluss-Lötösen sichtbar sind. Dies erfordert natürlich entsprechende (mühsame) Ausschnitte. Weiter sind die Ausschnitte für die Röhren anzubringen, das Abschirmblech der 6SL7, sowie vier Schraubenlöcher. Nun wird UNTER das Chassis eine Alu-Platte montiert, auf welcher die Röhrensockel , die Cinchbuchse, die Lautsprecherbuchsen, Sicherung und Netzschalter auf der Rückseite (mit einem Winkel), die ganzen Elkos und Gleichrichter unter den Trafos und letztlich die Lötleisten und Masseanschlüsse (Schrauben mit Lötfahnen) untergebracht werden. Frontseitig wird noch das Poti auf einem Winkel montiert, allenfalls verschiebbar.

Diese Aluplatte wird mit entsprechenden Abstandsbolzen von unten in das Chassis geschoben und an den Schraubenlöchern entsprechend fixiert. Damit haben wir einmal ein gut leitendes Montagetableau, das „beliebig viele“ Schrauben aufnehmen kann, andererseits haben wir aber auch ein schönes Gehäuse, das aussieht, als hätte es irgend eine wichtige Funktion, das aber in Wirklichkeit nur die unvermeidlichen Schrauben verdeckt und zusätzlich die Seiten-Holzverkleidungen trägt. Und wenn man das verchromte U an Front und Rückseite jeweils noch etwas umbiegt, so entstehen Winkel, an welchen man den unverzichtbaren Boden befestigen kann. Es ist natürlich auch möglich, das Alu-Blech im Innern mit Gewindebolzen zu befestigen, welche über Gewinde-Säulen letztlich die Bodenbefestigung übernehmen.

Aber jeder, wie ers mag. Generell ist einfach zu beachten, dass es im normalen Betrieb nicht möglich sein darf, irgendwelche spannungsführenden Teile zu berühren. Da sind Spannungen vorhanden, die tödlich sein können.
Und es sollte auch nicht vergessen werden, dass die Röhren im Betrieb weit über 100 Grad heiss werden und hässliche Verbrennungen hervorrufen. Kinder uns Haustieren müssen daher vor dieser Gefahr geschützt werden, wie auch an eine Brandgefahr zu denken ist. Es ist also beim Aufstellen auf genügenden Sicherheitsabstand und eine ausreichende Belüftung zu achten!
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