Rund um die Elektronik
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richi44
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#1
22.07.2010, 14:08

Gleich zu Anfang: Ich will nicht die Diskussion um hörbare Unterschiede bei der Elektronik neu beleben, aber es gibt Spezialfälle, wo sich Gedanken dazu lohnen.

Gedanken rund um die Elektronik und die Aufnahme- und Wiedergabetechnik.

Im Grunde ist man geneigt davon auszugehen, dass alle Elektronik gleich klingt. Dies ist eigentlich auch meine Ansicht. Nun habe ich mich gefragt, wo es den trotzdem Unterschiede geben könnte und wie diese zu erklären wären.

Ich gehe mal davon aus, dass solche Unterschiede nicht unbedingt „real“ existieren müssen, sondern dass es früher mal welche gegeben hat und sich dieses „Wissen“ bis heute gehalten hat, dass es andererseits aber auch Unterschiede gibt, an die man üblicherweise nicht denkt und die bei den Standardmessungen auch nicht beachtet werden.
Man geht z.B. davon aus, dass verschiedene Entzerrer-Vorverstärker unterschiedlich klingen. Oder es ist bekannt, dass Röhrengeräte anders klingen als Transistorgeräte. Oder es gibt klangliche Unterschiede zwischen einer Aktivbox und einem passiven Lautsprecher.


Ich möchte im Folgenden versuchen, diese Unterschiede aufzudecken und den Ursachen dafür auf den Grund zu gehen. Dazu sind einige grundlegende Überlegungen nötig.

Ich habe an anderen Stellen schon oft darauf hingewiesen, dass es im Grunde möglich sein muss, dass unser Ohr die Phasenlage eines Signals erkennt. Dies wird von der Medizin bestritten, weil man davon ausgeht, dass das Gehirn die Signale des Hörnervs verarbeitet und daraus das „Klangbild“ schafft, das wir wahrnehmen.
Man kennt andererseits aber auch die neuesten Forschungsergebnisse, wonach nur ein Teil der Sinneszellen im Ohr den Schall als solchen detektieren. Andere Zellen werden durch „Signalzuführung“ zum Schwingen angeregt, um eine Verstärkung zu erreichen.
Weiter ist bekannt, dass ein Ton mit einem Luftdruck-Zuwachs, aber auch mit einer Druckabnahme beginnen kann. Wenn also die „Verstärker-Sinneszellen“ verstärken sollen, so müssen sie „richtig“ schwingen, also so, wie es das akustische Signal tut, um die Bewegung der Innenohr-Flüssigkeit zu unterstützen und damit eine Verstärkung zu erreichen.
Weil aber die erste Wellenfront nicht definiert ist, müssen die Empfängerzellen die Verstärkerzellen irgendwie direkt und verzögerungsfrei ansteuern, um dies in der richtigen Phasenlage zu tun. Wie dies genau geschieht, ist bis heute noch unbekannt, aber es führt kein Weg daran vorbei, dass dies irgendwie so sein muss, damit eine Verstärkung geschieht und nicht eine Abschwächung (denkbar ist auch, dass bei Bedarf auch eine Abschwächung stattfindet, was ebenfalls die phasenrichtige Funktion der Sinneszellen voraussetzt).
Wenn wir also davon ausgehen, dass die Sinneszellen selbst in der Lage sind die Phase zu erkennen, so ist auch denkbar, dass sie aus einem Klang mit seiner typischen Signalform ein Klangerlebnis ans Hirn leiten und nicht nur die einzelnen Sinustöne.
Oder einfach gesagt: Mir scheint es irgendwie logisch zu sein, dass wir trotz der eingeschränkten Übertragungseigenschaften der Nerven zwischen Gehör und Hirn Signalformen erkennen können, dies haben unter anderem eigene Versuche bestätigt. In einem Konzert kann ich bei einem Streichquartett sowohl bei Live als auch bei einer Aufnahme die einzelnen Instrumente unterscheiden. Dies ganz einfach, weil es ja nur vier Instrumente sind. Haben wir es aber mit einem grösseren Klangkörper zu tun, so ist bei einer Aufnahme die Auflösung deutlich schlechter als beim Livekonzert. Also muss es da eine Differenz geben, welche mir die Aufschlüsselung vermasselt.

Sicher ist, dass jedes Instrument einen ganz bestimmten Klang und damit eine ganz bestimmte Impulsform liefert. Ob diese Impulsform allerdings bei einer Aufnahme und der anschliessenden Wiedergabe erhalten bleibt, steht auf einem anderen Blatt. Ich könnte mir vorstellen, dass ich mit einem hochwertigen Mikrofon das Signal EINES Instruments aufnehmen könnte, sodass dessen Signalform erhalten bleibt. Verwende ich zwei Mikrofone für die Aufnahme dieses einzelnen Instrumentes, so habe ich zwei unterschiedliche Signale, die zwar beide gleich aussehen können, aber erstens gibt es eine Laufzeit zwischen den Mikrofonen, zweitens unterschiedliche Reflexionen und drittens müsste ich dafür sorgen, dass es nicht zu einer Vermischung der Signale kommt. Wir müssten also den Kunstkopf wieder aus der Kiste holen.
   
Dieser Kunstkopf konnte mit den zwei getrennten Mikrofonen Signale liefern, die jenen unserer Ohren angenähert war. Voraussetzung war natürlich, dass die raumakustischen Gegebenheiten für eine Aufnahme tauglich waren. Und weiter musste sichergestellt sein, dass es nicht zu Vermischungen mit anderen Signalen kommt (keine weiteren Mikrofone). Sicher ist aber, dass die beiden Mikrofone nicht nur einen unterschiedlichen Frequenzgang je nach Schallrichtung besassen, sondern auch Laufzeit- und damit Phasendifferenzen lieferten, wie dies das eigene Gehör auch tut.

Dass sich diese Technik letztlich nicht bewährt hat liegt unter anderem daran, dass die versenkt eingebauten Mikrofone frequenzabhängige Phasenfehler verursacht haben, welche die Impulsform beeinflusste. Es war also auch damit nicht ganz möglich, die Signale mit der richtigen Impulsform zu übertragen und aufzuzeichnen. Hinzu kommt, dass die Wiedergabe nur über Kopfhörer halbwegs erfolgversprechend war, wobei auch letztere je nach Konstruktion Phasenfehler erzeugen.

Da das Ohr für Phasenfehler zwar relativ unempfindlich ist, sind generell Multimikrofonaufnahmen möglich, allerdings immer mit eingeschränkter Auflösung. Kommen aus der Elektronik und der Lautsprecher weitere Phasenfehler hinzu, verschlechtert sich die die Wiedergabe der Impulsform und in ähnlichem Masse auch die Auflösung des Klangs in die einzelnen Instrumente.

Ich gehe aus der Erfahrung mal davon aus, dass solche Phasenfehler und den daraus folgenden Impulsverformungen die Ortung und Auflösung behindern, dass aber auch Einschwingvorgänge verändert werden können, welche die Auflösung und Durchhörbarkeit negativ beeinflussen.

Wenn wir uns zunächst mal mit den Aufzeichnungsverfahren befasst haben, gehört auch die Radiowiedergabe dazu. Bei Radio ist es nach wie vor wichtig, dass der Ton nicht nur über eine Stereoanlage gehört werden kann, sondern auch über ein kleines Mono-Radio. Es ist also die sog. Mono-Kompatibilität anzustreben. Haben wir eine Aufnahme mit zwei Mikrofonen wie etwa mit dem Kunstkopf und nehmen wir an, das Schallereignis befinde sich links in einigem Abstand zum Kunst-Ohr, so trifft der selbe Schall auch am rechten Ohr ein, allerdings verzögert.

Mono bedeutet, dass beide Mikrofonsignale addiert werden. Ist nun die Laufzeit so, dass sich eine Phasendrehung zwischen den Mikrofonen von 180 Grad ergibt, so könnte dieses Additionssignal im Extremfall ausgelöscht werden. Das würde bei rund 1000Hz eintreten.
Um dies zu verhindern darf bei einer monotauglichen Radiosendung keine derartige Mikrofonanordnung verwendet werden. Und falls mehrere Mikrofone im Einsatz sind, etwa ein Stereo-Hauptmikrofon und einzelne Stützmikrofone nahe bei den Instrumenten, so müssen diese elektronisch verzögert werden. Dabei nimmt man aber in kauf, dass gewisse Restfehler zumindest Impulsformfehler erzeugen.

Es gibt aber ein weiteres Problem: Bildet man ein Monosignal aus zwei Stereosignalen, so ergibt sich durch einfache Addition eine Pegelverdoppelung, also +6dB. Addiert man aber akustisch, indem man etwa 2 Trompeten statt nur einer hinstellt, so verdoppelt sich die Leistung, was +3dB entspricht. Je nach Verteilung der Instrumente zwischen den Mikrofonen ergeben sich Überbetonungen (bei Mono) der in der Mitte positionierten Instrumente. Um dies auszugleichen hat man sog. 90 Grad-Filter eingesetzt. Durch eine Reihe elektronischer Schaltungen (Allpässe) bekommt man eine konstante Phasendifferenz der beiden Stereokanäle von 90 Grad, dabei aber über den totalen Tonbereich eine Drehung von mehrmals 360 Grad, je nach Tonhöhe. Die 90 Grad Phasendifferenz führen dazu, dass eine direkte Addition nur eine Überhöhung von 3dB ergibt, also gleich wie in der Natur. ABER es ergeben sich laufend Phasendrehungen, sodass der Grundton eines Instrumentes nicht mehr phasenrichtig mit den Obertönen zusammenfällt und sich somit die Signalform total verändert. Dies führte zu „versauten“ Impulsformen und einer deutlich verschlechterten Auflösung des ganzen Musikgeschehens. Jedenfalls wurden in praktisch allen Rundfunkanstalten diese Dinger wieder ausgebaut, ein Indiz mehr, dass die Phase „hörbar“ ist.

Aus diesen Ausführungen lässt sich ableiten, dass die Durchhörbarkeit der Musik und ihre Auflösung in die einzelnen Instrumente bereits bei der Aufnahme und/oder der Ausstrahlung beeinträchtigt werden kann. Es ist also nicht gesagt, dass Elektronik, die auf eine phasenrichtige Wiedergabe ausgelegt ist, auch tatsächlich die Durchhörbarkeit garantiert.


Betrachten wir jetzt mal die Elektronik. Da gab und gibt es (im Analogteil) grosse Unterschiede. Bei einem Plattenspieler oder einem Tonbandgerät ist immer eine Entzerrung nötig, der Frequenzgang muss also bei der Aufnhame und bei der Wiedergabe entsprechend angepasst werden. Dies kann entweder mit Kondensatoren und Widerständen geschehen oder mit Spulen und Kondensatoren. Und das Gleiche haben wir bei einem Lautsprecher. Bei einer passiven Box haben wir eine Weiche mit Spulen und Kondensatoren, bei einer Aktivbox aber üblicherweise eine elektronische Weiche mit Kondensatoren und Widerständen.
Oder wir haben Röhrengeräte, bei denen wir zumindest im Ausgang einen Übertrager haben, manchmal auch einige innerhalb der Schaltung. Wir haben also in diesem ganzen Bereich mehr oder weniger Spulen im Einsatz. Nun könnte man sich fragen, was denn da der Unterschied sei.

Zunächst einmal ein Widerstand und ein Kondensator.
In der einfachsten Variante ergibt dies ein Filter, das zunächst flach verläuft, dann an Steilheit zunimmt und letztlich mit einer definierten, konstanten Steilheit weiter verläuft
   
(grüne Kurve und Markierung).
Es ist ersichtlich, dass bereits bei geringer Pegelveränderung (grün, bei tiefen Frequenzen) eine leichte Phasenänderung entsteht (rot).
Nehmen wir eine steilere Konstruktion mit zwei Kondensatoren
   
so ist die grössere Steilheit auffällig (grün), aber auch der schon früher einsetzende Phasenfehler, sowie die generelle höhere Phasendrehung von total 180 Grad.
Und bei einer Schaltung mit total 6 Kondensatoren beginnt die Phasendrehung schon lange bevor sich der Pegel ändert.
   
Das bedeutet, dass solche Schaltungen zu erheblichen Signalveränderungen führen. Andererseits aber entstehen durch diese Schaltungen relativ geringe zeitliche Fehler. Diese Schaltungen wirken also praktisch von Anfang an, ohne lange Einschwingzeit.


Ähnlich wäre das Verhalten, wenn wir einen Widerstand und eine Spule verwenden. Auch hier ergäbe sich ein fast identischer Verlauf.

Hier zwischendurch der Blick auf die Frequenzweiche eines passiven Lautsprechers. Solange diese jeweils nur aus einer Spule ODER einem Kondensator und dem Lautsprecher gebildet wird, ergeben sich die gleichen Verhältnisse wie bei der ersten Filterzeichnung. Sind aber Spule UND Kondensator vor einem Lautsprecher angeordnet (für EINE Trennfrequenz!), kann es zu Verhältnissen wie beim gezeigten Filter mit zwei Kondensatoren kommen, also stärkere Phasendrehung, es können sich aber auch Verhältnisse einstellen wie bei einem Schwingkreis mit entsprechend verzögertem Ansprechen, dafür aber geringeren Phasenfehlern. Was zutrifft hängt unter anderem von den Bauteilwerten und der konkreten Schaltung ab. Und ob das eine oder andere negativer zu bewerten ist, hängt vom angestrebten Ziel ab.

Einen Kondensator, können wir uns wie ein Reservoir vorstellen, in das man Elektronen einfüllen kann und die darin bleiben, bis man sie wieder heraus nimmt.
In eine Spule wird ein Magnetfeld aufgebaut, das beim Abbau seine Energie wieder abgibt. Nur kann man das Magnetfeld in dem Sinne nicht speichern, es ist wie Licht, das zwar auch Energie enthält, sich aber ebenfalls nicht speichern lässt. Lässt man das Magnetfeld sich langsam abbauen, etwa durch einen Widerstand in Verbindung mit der Spule, so entsteht da eine Spannung und ein Strom, also wieder Energie (Leistung).

Wenn wir nun eine Spule und einen Kondensator zusammenschalten, so wird die Energie einmal im Kondensator gespeichert und an die Spule abgegeben, wo sich ein Magnetfeld aufbaut.
Ist dieser Aufbau beendet, beginnt der Magnetfeld-Abbau, was eine Spannung generiert, die wiederum den Kondensator auflädt. Damit kommt es zu einer pendelartigen Energieverschiebung zwischen Spule und Kondensator. Man kann also so eine Konstruktion (Schwingkreis) als Pendel oder noch besser als Unruh betrachten, also ein Ding bestehend aus Feder und Masse.
   
Eine Unruh war ja das taktbestimmende Element einer Uhr. Es schwingt mit einer Frequenz (Frequenz = Anzahl Bewegungen pro Zeiteinheit), die von der Federkraft und der Masse bestimmt wird. Diese wäre im Grunde konstant. Nun haben wir aber bei einer Uhr Reibungsverluste (Mechanik) und wir müssen ja die Zeiger antreiben, was weitere Verluste bedeutet. Sicher müssen wir diese Verluste ausgleichen und der Unruh dauernd die Energie zuführen, welche als mechanische Verluste „verloren“ gehen. Führen wir zu wenig Energie zu, hört das Schwingen allmählich auf, führen wir zuviel Energie zu, so wird die Unruh so angetrieben, dass sie schneller schwingt als ihr eigentlich vorgegeben ist.

Jetzt stellen wir uns diese Unruh einmal vor und nehmen an, dass sie schwingt und in sich damit eine Energie von 100% hat. Und nehmen wir weiter an, wir hätten keine Reibung. Damit wäre die Energie für immer in dem Gebilde gespeichert und die Schwingung würde ewig andauern. Wenn wir nun aber die Zeiger antreiben, benötigen wir Energie, die wir der Unruh entziehen, sodass die Schwingamplitude allmählich kleiner wird und schliesslich ganz aufhört.
Wie gesagt soll die zugeführte Energie derjenigen entsprechen, welche wir für die mechanischen Verluste aufwänden müssen. Nehmen wir nun den Zeigerantrieb weg, so ist die zugeführte Energie etwas zu gross, sodass die Schwingamplitude laufend grösser wird.


Hier mal ein kleiner Rückblick: Bei den Schaltbildern zu den Filtern mit Kondensator und Widerstand haben wir gesehen, dass es zu Phasendrehungen kommt, pro Kondensator um maximal 90 Grad. Und wir haben gesehen, dass mit jeder Erhöhung der Zahl von Kondensatoren die Steilheit zunimmt.
Wenn wir den Vergleich Unruh zu Schwingkreis (Mechanik zu Elektronik) mal zulassen, dann wissen wir, dass sich die Schwingamplitude langsam vergrössert, wenn die zugeführte Energie höher ist als der Verlust und dass sie langsam abnimmt, wenn die Energiebilanz negativ ist.
Und wir haben gesagt, dass sich Spule und Kondensator im Grunde „vergleichbar“ verhalten.
Daraus können wir ableiten, dass ein Schwingkreis wie eine Unruh eine feste Frequenz besitzt, welche durch die Spulen- und Kondensatorgrösse (Feder und Masse) bestimmt wird. Und wir können auch ableiten, dass die Phasendrehung maximal 2x 90 Grad sein wird.
Und tatsächlich verhält sich ein Schwingkreis wie folgt:
   
Wenn wir uns vorstellen, der Schwingkreis sei oben irgendwie an eine Schaltung (Widerstand) angeschlossen und unten gegen Masse geführt, so haben wir einmal einen Kondensator und einmal eine Spule zwischen der Schaltung (oben) und der Masse (unten). Nehmen wir an, die Schaltung wäre ein Widerstand, über welchen eine Wechselspannung zugeführt wird, so haben wir in erster Überlegung einen Tiefpass aus Widerstand und Kondensator und einen Hochpass aus Widerstand und Spule.
Und wir wissen (zumindest aus den vorherigen Zeichnungen), dass ein Tiefpass eine Phasendrehung von 0 Grad (bei sehr tiefen Frequenzen) bis –90 Grad (bei hohen Frequenzen) zur Folge hat, wenn er nur aus einem Kondensator und einem Widerstand gebildet ist (1. Ordnung, 6dB Steilheit).
Und wir wissen, dass sich die Spule im Grunde vergleichbar verhält. Also können wir bei der Spule eine Phasendrehung von +90 Grad bei tiefsten Frequenzen und 0 Grad bei hohen Frequenzen annehmen.
Und wenn wir die Spule UND den Kondensator zusammen betrachten (ohne die eigentliche Schwingkreisfunktion), so muss sich doch eine Phasendrehung von +90 Grad bei sehr tiefen Frequenzen und –90 Grad bei sehr hohen Frequenzen (zuerst aus der Spule, dann aus dem Kondensator) ergeben. Und genau so ist es auch. Wir haben genau dieses Phasenverhalten bei einem Schwingkreis, mit 0 Grad Phasendrehung in der Mitte. Und bei diesen 0 Grad Phasendrehung wirkt die Schaltung als Schwingkreis.

Bevor wir auf die Wirkung des Schwingkreises eingehen noch ein Wort zu den Impedanzen: Ein Kondensator leitet keine Gleichspannung, eine Spule aber schon. Und eine Spule stellt für hohe Frequenzen quasi einen Unterbruch dar, nicht aber ein Kondensator. Das bedeutet, dass über dem Schwingkreis sowohl sehr tiefe (Spule) als auch sehr hohe (Kondensator) Frequenzen gegen Masse kurzgeschlossen werden. Da sich das Zeug wie Unruh mit Feder verhält gibt es eine Resonanz, bei welcher sich die Verhältnisse ändern. Bei dieser Resonanz pendelt die Energie zwischen Spule und Kondensator (Feder und Masse) und es ist nur eine sehr geringe Grundbedämpfung vorhanden. Das bedeutet, dass sich der Widerstand, den der Schwingkreis als Last für die zugeführte Spannung darstellt, auf ein vielfaches erhöht.
   
Grün ist die Impedanzkurve des Kondensators, rot jene der Spule. Der gelbe Punkt wäre die gedachte Impedanz, wenn es die Schwingkreiswirkung nicht gäbe, blau ist der tatsächliche Impedanzverlauf mit der Überhöhung im Resonanzfall.

Nochmals der Vergleich des Schwingkreises zu den reinen RC-Filtern:
Wir haben gesehen, dass wir für eine höhere Steilheit mehr Kondensatoren brauchen, was eine stärkere und frühere Phasendrehung zur Folge hat. Wir haben aber auch aus der Mechanik gesehen, dass die Unruh erst im Lauf der Zeit auf den vollen Bewegungs-Pegel kommt. Umgesetzt auf die Elektronik bedeutet dies, dass beim Schwingkreis der hohe Impedanzwert nicht gleich zu Beginn vorhanden ist, sondern dass es seine Zeit dauert, bis sich diese Überhöhung aufgebaut hat. Und je stärker die Überhöhung, desto steiler der Flankenverlauf. Andererseits bleibt die Phasendrehung immer bei den +/-90 Grad im Maximum.
So viel mal zur ganzen Phasentheorie rund um den Schwingkreis.


Jetzt kann man sich fragen, was dies denn mit dem Musik hören zu tun hat. Tatsache ist, dass in Studios zur Klangbeeinflussung (zumindest zu Analogzeiten) Equalizer eingesetzt wurden und werden (heute digitale Geräte). Und es ist bekannt, dass die Messwerte in Bezug auf Klirr und Frequenzgang bei allen Geräten untadelig sind, sonst würden sie in Studios gar nicht zugelassen. Trotzdem haben „Goldohren“ Unterschiede feststellen können.

Es gab nämlich im Wesentlichen zwei Gruppen von Geräten, jene mit Schwingkreisen und jene mit reinen RC-Filtern. Und das erklärt auch den klanglichen Unterschied: Einmal haben wir die Dinger, die bei höherer Steilheit höhere Phasenfehler erzeugt haben, was im Zusammenspiel teils zu Auslöschungen führen konnte, andererseits aber starke Impulsverformungen zur Folge hatte. Im Gegenzug sind jene Geräte zu erwähnen, deren Wirkung erst nach dem Einschwingen des Schwingkreises (und auch des Musikinstrumentes) ihre Wirkung entfaltet haben. Und interessanterweise waren es gerade die Equalizer mit den Schwingkreisen, die als besser eingestuft wurden. Sie haben die Impulsform weniger verändert und auch das Einschwingen der Instrumente.

Und da es vereinzelt Röhrengeräte gibt mit internen Übertragern oder Entzerrer mit Schwingkreisen (teils auch bei Tonbandgeräten), so kann man davon ausgehen, dass dies auch klangliche Auswirkungen haben kann oder muss, zumal sich immer und überall Kapazitäten befinden, die mit den Spulen zusammen Schwingkreise ausbilden.

Welche Auswirkungen digitale Filter besitzen hängt von der mathematischen Grundlage ab. Digitale Filter basieren auf Rechenvorgängen (Differential, Integral) die auch Phasendrehungen erzeugen können. Es sind aber auch andere Rechenmodelle möglich, welche keine Phasendrehungen zur Folge haben müssen. Wenn also bei Digitalgeräten solche Filter eingesetzt werden, so können sie durchaus klangliche Auswirkungen haben, die über die reine Frequenzgangbeeinflussung hinaus gehen. Unter diesem Gesichtspunkt sind sie zumindest denkbar. Sie entstammen aber nicht der eigentlichen Digatal-Analogwandlung, also der Digitaltechnik per se, sondern der digitalen oder analogen Signalaufbereitung.

Wenn wir also dies alles bei einerÜbertragung oder Aufnahme zugrunde legen, so wird klar, dass es dann zu hörbaren Differenzen kommen kann, wenn die Schaltungen komplex werden und mit unterschiedlichen Filterarten „gespickt“ sind. Man geht z.B. beim Plattenspieler davon aus, dass die aufnahmeseitige Kurvenveränderung bei der Wiedergabe vollumfänglich auskompensiert wird. Ist die Aufnahmeverformung aber per RC gelöst, die Wiedergabe aber per LC, so sind die Funktionen in zeitlicher Hinsicht als auch in Punkto Phase nicht kompensiert.

Ob es sich nun lohnt, lange Versuchsreihen zu starten und die verschiedenen Geräte nach ihrer Schaltungsauslegung zu sortieren ist mehr als fraglich. Tatsache ist (und bleibt) dass die Aufnahmetechnik diese Fakten noch weitgehend unberücksichtigt lässt und dass daher nicht vorhersehbar ist, ob eine CD als „Referenz“ taugt oder nicht, ob sie also die Möglichkeit bietet, die Durchhörbarkeit eines Orchesters überhaupt zu beurteilen. Es ist aber anzunehmen, dass diese Unterschiede mehr und mehr erkannt und berücksichtigt werden. Dies auch bei den Messungen eines Gerätes. Es sollte da auch nicht nur mit Sinus gemessen werden oder mit Rauschen, sondern auch mit ganz bestimmten komplexen Kurvenformen, die eine Abweichung der Form aufzeigen und dies nicht nur im Dauerton-Betrieb, sondern auch beim Ein- und Ausschwingen. Letztlich gibt es keine hörbaren Unterschiede, die nicht auf einem abweichenden Signal basieren. Man muss nur wissen, wonach man zu suchen hat...
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wasusi
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#2
22.07.2010, 14:56

Höchst interessanter Beitrag, bei dem ich ganz besonders bei der Passage der digitalen Filter sehr aufmerksam geworden bin, das gilt auch für den Satz im Schlußabsatz über das Ein-und Ausschwingverhalten.
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Stones
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Beiträge: 66.242
Registriert seit: Mar 2009
#3
22.07.2010, 15:21

Mich wundert es sowieso, woher der Richie diese ganzen Kenntnisse hat.
Hut ab, Richie. Prost
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Der Internetsender mit traditioneller Blues - Blues Rock Musik. Prost

Die Armut vieler Menschen ist der Reichtum Weniger
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richi44
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#4
22.07.2010, 16:20

(22.07.2010, 15:21)Stones schrieb: Mich wundert es sowieso, woher der Richie diese ganzen Kenntnisse hat.
Hut ab, Richie. Prost
Im Grunde ist es ganz einfach: Man muss richtig kombinieren.
Ich habe seinerzeit in der Berufsschule schon gelernt, dass es bei einem Schwingkreis am tiefen Frequenzende ein induktives Verhalten gibt und am oberen Ende ein kapazitives. Und auch, dass die Phasendrehung im Maximum +/- 90 Grad werden kann. Und auch, dass es bei höherer Kreisgüte (geringere Verluste) eine ganze Weile dauern kann, bis das Ding eingeschwungen ist.
Da ist es doch naheliegend, dass die Phasenfehler im Verhältnis klein sind, dass aber die Funktion (die Frequenzgangänderung) sich über die Zeit ändert. Das habe ich nirgends gelesen, sondern das ist die logische Folge der bekannten Tatsachen. Und wenn sich der Frequenzgang über die Zeit ändert, weil ein Filter sich erst einschwingen muss (und natürlich auch wieder ausschwingen), so hat dies Einfluss auf die transienten, also kurzzeitigen Signalformen und -Pegel.

Und seit Urzeiten ist bekannt, dass ein RC-Glied eine feste maximale Steilheit besitzt und dass sich damit ein Integral oder ein Differential abbilden lässt. Und es ist genau so bekannt, dass ein differenzierter (oder integrierter) Sinus wieder zum Sinus wird, allerdings mit 90 Grad Phasenschiebung.
Und letztlich ist bekannt, dass sich beliebige Signalformen aus einzelnen Sinuswellen zusammen setzen und "konstruieren" lassen, wenn die Frequenz, der Pegel und die Startphase stimmen.

Es ist also die Kombination aus dieser Tatsache, dass nach einem RC-Filter die Signalform nicht mehr stimmt, dass sie aber rückgängig zu machen wäre, wenn denn ein gleiches Filter verwendet würde. Ist aber einmal ein Schwingkreis wirksam und einmal ein mehrgliedriges RC-Filter, so sind die Auswirkungen unterschiedlich über die Zeit und in der Phasenlage.

Dies alles kann einem in den Sinn kommen, wenn man sich fragt warum etwas so ist wie es ist.
Und es fällt dann auch auf, dass diese transienten Funktionen eines Schwingkreises nicht berücksichtigt werden, weder in der Messung noch in der Schaltungsüberlegung und auch nicht in der Hinsicht, welche klanglichen Auswirkungen sich daraus ergeben können. Es ist also gar nicht "Wissen", sondern das, was jeder schäbige PC auch tut: Verknüpfen von Daten, die andere mal gesammelt und irgendwo aufgeschrieben haben. Ich bin also beinahe ein (Blech)-Trottel Prost
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Stones
Super Resident
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Beiträge: 66.242
Registriert seit: Mar 2009
#5
22.07.2010, 17:54

Zitat:Ich bin also beinahe ein (Blech)-Trottel

Na na Richi - nun stell dein Licht mal nicht soweit unter den Scheffel. Big Grin
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richi44
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#6
23.07.2010, 08:30

Huh
Cool
Wink
Angel
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Stammgast
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Beiträge: 820
Registriert seit: Aug 2023
#7
18.08.2023, 11:20

Pandora began designing its beloved charms in the year 2000. Each charm has a meaning, some times many meanings, one from its designer and more lent to it by the person who wears and loves it. Whether it’s a celebration of colour or pattern or a tribute to a country, occasion, activity or most importantly, a person, each charm is designed to tell the personal story of its wearer while showcasing their unique style. Our charms are worn with love on bracelets and necklaces; created especially to be worn in ways unique to those who wear them.
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